Es ist Oktober und damit „Spooky Season“ in den USA, wo ein ganzes Land temporär jede erdenkliche Mahlzeit mit Zimt und/oder Kürbis zubereitet. Es ist aber auch der Start für uns im Coface Research Team, das Handbook zu schreiben. Das Handbook? Nie davon gehört? Das mag sein, aber gelesen haben Sie bestimmt schon was.
Das Coface Handbook enthält Texte zu 13 Branchen auf dem Weltmarkt sowie Risikoanalysen für 162 Länder. Wenn Sie also eine Risikoeinschätzung zu Aserbaidschan auf unserer Webseite lesen, dann lesen sie eigentlich den Text aus unserem Handbook. Es wird einmal im Jahr geschrieben, mit Veröffentlichungstermin zur großen Länderrisikokonferenz in Paris Anfang Februar. Im Spätsommer werden bei Bedarf und Möglichkeit die Ländertexte aktualisiert. Da wir grob 18 Teammitglieder haben (Trainees eingerechnet), hat jeder von uns einen ganzen Batzen an Texten zu schreiben. Es werden also zuerst Prognosen gemacht, dann Texte geschrieben. Diese werden inhaltlich korrigiert, dann sprachlich korrigiert (wir veröffentlichen auf Englisch und Französisch) und zum Schluss geht der Text ins Design. Es werden Zusatzinformationen hinzugefügt (z. B. Länderkarte, Bevölkerungsanzahl, BIP pro Kopf) und dann wird das Ganze wieder korrigiert, bis es schließlich in einem großen bunten Katalog zusammengepackt wird. Diese Publikation, die eher einem Reisekatalog als einem Handbuch gleicht, liegt entsprechend druckfrisch in Paris aus. Nur es gibt ein Problem: Dieser Prozess dauert VIER Monate!
Prognosen sind immer unsicher und treffen selten eins-zu-eins zu
Zwei Monate wird Minimum nur geschrieben. Ich muss mir also bereits im Oktober darüber im Klaren sein, wie die wirtschaftliche und politische Situation in Island im kommenden Jahr aussieht. Normalerweise ist dies kein so großes Problem. Viele Parameter sind mir im Voraus bekannt – wie der kommende Brexit oder die anstehende Parlamentswahl 2021 sowie die Fischfangquoten für die isländische See (ja, das ist ein wichtiger Faktor). Klar, Prognosen sind immer unsicher und treffen selten eins-zu-eins zu. Das ist glaube ich jedem klar. Aber wir haben das Jahr 2020.
Kurz zur Erinnerung: Letztes Jahr habe ich zwei Monate lang an Texten geschrieben und danach Stunden mit der Korrektur verbracht. Das Handbook wurde am 4. Februar veröffentlicht und die Prognosen haben genau sechs Wochen gehalten, bis alles den Bach runterging. Es wird also dieses Jahr eine noch stärkere Herausforderung werden, bei größtmöglicher Unsicherheit noch immer Aussagen zu treffen, die nicht nach einigen Wochen überholt sind. Aber was soll‘s. Eine(r) muss es ja tun. Also mit den gegebenen Parametern prognostizieren und das Beste hoffen. Mein neues Motto für den Herbst 2020 ;-).